Teil 5

Australien... wirklich ?

Ich habe vor einigen Wochen nicht schlecht gestaunt, als ich bei Flightradar24 Australien als aktuellen Standort des AVROs angezeigt bekam. Diese Strecke ist für grosse Maschinen, die für die Langstrecke konzipiert wurden überhaupt kein Problem, doch für einen "kleinen" AVRO, der eigentlich für den Regionalverkehr konzipiert wurde ist das schon ein Stück Arbeit... wirklich ?

Aber erstmal ein paar Fakten rund um die Reise von Kanada (Abbotsford, Südwesten Kanada, bei Vancouver) nach Dubbo in Australien.

Der AVRO hat einen theoretischen Aktionsradius, bei normaler Konfiguration, von knapp 3000km. Schaut man sich jetzt einmal die Strecke von Abbotsford in Kanada und Dubbo in Australien an, sprechen wir hier von rund 12.500km. Ganz klar, daß man diese Strecke mit einem AVRO nicht nonstop fliegen kann. Ein Blick in Flightradar verrät, daß der AVRO vom 16.10.2018 bis Ende Oktober 2018 auf dem Weg nach Dubbo war. Wenn ich mir die folgende Auflistung anschaue, vermute ich den 20.10.2018 als Ankunftstag. 

Ganz klar, der AVRO hat die Strecke in Abschnitten zurückgelegt. (man muss die Tabelle von unten nach oben lesen)

Ab dem 31.10.2018 flog der AVRO als "BMBR166", wobei ich vermute, daß das die Abkürzung für "Bomber166" stehen soll. Zuvor flog der AVRO in Nordamerika als "TNKR166", also mutaßlich "Tanker166". Der Überführungsflug fand dann unter der normalen Registrierung C-GVFT statt.

Schauen wir uns die einzelnen Abschnitte einmal an :

Zuerst ging es vom Heimatflughafen Abbotsford nach Oakland, California. Der knapp zweistündige Flug verlangt dem  AVRO bestenfalls ein müdes Lächeln ab.

In Oakland wurde getankt und wahrscheinlich nochmal alles inspiziert, bevor es über den Teich nach Hawaii ging.

Zweiter Teilabschnitt von Oakland nach Honolulu, eine Strecke von rund 3876km. Schauen wir einmal weiter oben, hatte ich geschrieben, daß der AVRO eine theoretische Reichweite von knapp 3000km hat. Ich vermute, daß die Angabe von 3000km auf dem Einsatz als Passagiermaschine beruht und in unserem Falle nicht zutrifft, da die Konfiguration als Löschflugzeug ein deutlich geringeres Gewicht haben wird. Keine Kabinenausstattung wie Sitze, Küchen (Galleys) und/oder Gepäck ! Meine Vermutung ist, daß der ehemalige Cargobereich (in dem das Gepäck der Passagiere normalerweise transportiert wurde) mit Zusatztanks ausgestattet wurde. Das werde ich wohl nur vor Ort, bei Conair erfahren können.

Aber alleine durch die fehlende Innenausstattung für die Passagiere lässt sich einiges an Gewicht einsparen, was wiederrum die Reichweite erhöht.

Also ich persönlich würde an dem Punkt erstmal zwei Wochen auf Hawaii bleiben und meinen Durst mit leckeren Cocktails am Strand löschen... da der AVRO aber nicht zum Spaß auf Hawaii ist und es dort scheinbar auch nix zu löschen gab, gings weiter in Richtung Marshall Islands. 

Die knapp 3700km lange Strecke führte über das Johnston Atoll hinweg direkt nach Majuro, Marshall Islands. Diese Strecke dauerte 7:22 Stunden. Auch hier fehlt wieder ein Stück der aufgezeichneten Strecke, sodaß die Möglichkeit besteht, daß der AVRO auf dem Johnston Atoll auch einen Zwischenstopp eingelegt hat. Damit wäre dann auch die lange Flugzeit zu erklären.

Auf den Marshall Islands angekommen, kurz den AVRO auftanken und am nächsten Tag ging es dann weiter zur nächsten Etappe, den Solomon Islands.

So langsam fällt auf, daß die Route nach Australien in rund 3000km "Hopps" durchgeführt wurde. Meine Theorie mit den Zusatztanks im Cargo wackelt gerade ein wenig. Trotzdem bleibt noch ein Rest Annahme, daß Conair Zusatztanks verbaut hat... und der folgende Screenshot hilft mir da auch nicht wirklich weiter. 

Aber, wäre da nicht das Internet, könnte ich hier nicht schreiben, daß diese Strecke rund 2800km lang ist und somit wieder im 3000er Bereich liegt. Da der AVRO ja nun in Australien angekommen ist, kann ich rückwirkend sagen : Hatter geschafft !

Ich muss meine Theorie mit den Zusatztanks wohl doch bei Conair überprüfen. Mir fällt halt immer wieder ein, daß bei "normalen" Flügen im Passagierverkehr immer auch ein Ausweichflughafen für den Zielort mit eingeplant wird. Somit verringert sich die Reichweite um die eventuelle Ausweichstrecke. Aber bei einem Flug über den Teich, wo eine Alternative gerade nicht wie Sand am Meer zur Verfügung steht, kann ich mir darauf noch keinen so richtigen Reim machen. Unabhängig davon... wenn ich mir die Marshall Islands bei Google Maps/World angucke, so richtig viele Ausweichflughäfen finde ich da jetzt nicht. Mal angenommen, ein Unwetter herrscht über den Marshall Islands und der International Airport wäre geschlossen und der AVRO würde sich im Anflug befinden; das wäre nicht optimal. Auf der anderen Seite, würde ich mich auf den Weg Richtung eines entlegenen Airports machen, wenn die Gefahr bestünde, daß sich dort ein Unwetter zusammenbrauen wird ? Vermutlich nicht. 

Ich vermute, daß in solchen Fällen ein Flug "einfach" verschoben wird. Noch ein Punkt, den ich bei Conair erfragen möchte...

Jetzt aber mal unter uns... warum fliegt ein AVRO quer über den Globus, um Feuer zu löschen in einem Land, das mit Sicherheit auch eigene Löschflugzeuge hat ? Ich habe mich in den letzten Wochen mit dem Thema Löschflugzeuge beschäftigt und war sehr überrascht, was für ein Markt das zu sein scheint. Es gibt eine interessante Seite im Netz, die sich ausschliesslich mit diesem Thema beschäftigt und dort bekam ich erstmal einen groben Überblick, wieviele Löschflugzeuge dieser Art es doch im Einsatz gibt. Und es gibt nicht nur die Flugzeuge, die löschen ! Da gibt es Aufklärer, die den Löschflugzeugen voraus fliegen, um anzuzeigen, wo optimalerweise das Löschmittel abgeworfen werden soll, nachdem der Aufklärer sich ein Bild der Lage gemacht hat. 

Ich suche das Youtube Video nochmal raus und verlinke es hier...

Es scheint durchaus üblich zu sein, ausrangierte Passagiermaschinen zu Löschflugzeugen umzubauen. Mit Ausnahme der Maschinen, die von Grund auf als Löschflugzeug konzipiert sind (wie beispielsweise die vor einigen Seiten erwähnte CL415 von Bombardier). Selbst eine Boeing 747 oder auch eine DC-10 fliegen als Löschflugzeug... 

Zurück zur Frage, warum fliegt der AVRO quer über den Globus ? (edit 2022: die Antwort dazu kommt später noch...) These 1: Die anderen Maschinen sind alle beschäftigt. These 2: Es gibt Verträge, die einzelnen Firmen das Vorrecht auf das Löschen eines Brandes in ihrem Gebiet zuspricht. Und These 3 fällt mir nicht wirklich ein... ehrlich, ich habe keine weitere, ernsthafte Idee, warum dort so ein Aufwand betrieben wird. Nordamerika von Kanada aus kann ich verstehen. Das wäre vergleichbar mit einem europäischen Nachbarland, in das Deutschland ein Löschflugzeug (hätte Deutschland welche) entsenden würde. Aber über 12.000km Entfernung ? 

Zumal die Kosten für solch einen Überführungsflug mutmaßlich dort liegen, wo andere Menschen locker ein halbes Jahreseinkommen ansiedeln. Kerosin, Crew, Landegebühren, Wartung, Transfer, Hotel und Spesen für die Crew usw... da kommt Einiges zusammen. Ich denke, daß Conair mir diese Frage nicht beantworten werden wird ;) (edit 2022: denkste ! ich werde noch so viel erfahren...)

... weiter mit Teil 6