Der Gedanke zu diesem Blog bzw zu dieser Seite kam mir vor einiger Zeit. Um ehrlich zu sein, ist eine Krebserkrankung nichts, was man mit der Zeit einfach verarbeiten kann. Ich habe lange mit mir gehadert, ob ich das alles ins Internet stellen soll, gehören einige Dinge, die ich hier schreibe sicherlich nicht zu den Sachen, die man im ersten Moment jedem, überall und immer zur Verfügung stellen möchte. Aber...
Ich weiss, daß ich nicht alleine mit der Thematik Krebs bin. Leider rückt das Thema immer näher und selbst wenn ich die Erfahrung seiner Zeit nicht gemacht hätte, es wird schon alleine durch das zunehmende Alter auch im Freundes- und Bekanntenkreis präsenter. Und genau dieser Umstand hat mich dazu bewegt, diese Zeilen zu schreiben und all diejenigen zu ermutigen, mit dem Thema ein Stück positiver umzugehen.
Die Zeiten, in denen die Diagnose Krebs pauschal den Tod bedeutete sind lange vorbei. In meinem Fall wäre eine Erkrankung 15-20 Jahre früher mutmaßlich nicht so verlaufen, wie sie es nun schlussendlich tat. Die Medizin hat Fortschritte gemacht, die den Mythos und das Monster Krebs zumindest ein bisschen weniger schlimm erscheinen lassen.
Ich wünsche niemandem die Diagnose Krebs ! Aber man muss auch ganz klar verstehen, daß Krebs nicht gleich Krebs ist. Überhaupt nicht. In meinem Fall spreche ich von einem Non-Hodgkin Lymphom. Die nach Thomas Hodgkin (LINK zu Wikipedia) benannte "Krebsart" ist eine bösartige Variante, die jedoch sehr gut zu heilen ist. Generell ist die Heilungschance bei Krebs eine andere als vor einigen Jahren.
Warum positiv mit dem Thema umgehen ?
Man stelle sich einfach die Frage "was wäre denn Plan B ?" Eigentlich gibt es keinen wirklichen Plan B, ausser man hat mit dem Leben abgeschlossen und sich damit abgefunden, schlussendlich durch den Krebs zu sterben. Ich war damals Mitte dreissig und hatte noch nicht geplant, das Leben enden lassen zu wollen. Also gab es für mich keinen Plan B. Und genau DAS hat es mir "einfacher" gemacht mit all den Komplikationen, Schmerzen und der Kraftlosigkeit umzugehen.
Während der Chemo, die nach einer Operation kurz nach der Diagnose folgte, habe ich mehrmals diesen Nullpunkt erlebt. Einen Punkt, an dem einfach nichts mehr ging. Keine Kraft mehr zu haben, nur noch müde zu sein und den Tag nicht mehr als Tag zu erleben war ein Umstand, an den ich mich erst gewöhnen musste. Vor allen Dingen gab es aber zwei Kinder, die Ihren Vater nicht verlieren wollten. Ich wollte weiter ihr Vater sein, sehen wie sie groß werden.
Ich glaube, das ist mit das Wichtigste bei all dem. Etwas zu haben, für das es sich lohnt weiter zu kämpfen und weiter das zu ertragen, was der Krebs und seine Folgen (in diesem Fall die Chemo) mit einem macht ! Jeder hat etwas, für das es sich zu kämpfen lohnt, für das man weiter nach vorne schaut und sich nicht in einem Sumpf aus Hilflosigkeit ertränkt. Es gibt Hilfe. Es gibt sie in verschiedenen Formen. Die einfachste Form ist die der Angehörigen. Sie teilhaben lassen, nicht alleine versuchen alles mit sich auszumachen. Es sind oftmals die kleinen Dinge, die einem helfen weiter zu machen. Sei es der Einkauf oder die Fahrt zu einem Arzt... genau das sind die Dinge, die den Angehörigen das Gefühl geben, helfen zu können, Dich nicht alleine zu lassen.
Die grösste Angst der Angehörigen liegt darin, nichts tun zu können. Hilflos zu sein. Nicht eingreifen zu können. Wichtig ist hier, das Gespräch zu suchen und ganz klar zu sagen, was einem hilft.
Foto mit freundlicher Genehmigung von Brian Tattuinee
Abschliessend war diese Zeit für mich eine der intensivsten und schönsten meines Lebens. Warum das ?
Nun, alles um einen herum erscheint relativ zu werden. Mir wurde bewusst, daß das Leben nicht einfach nur da zu sein bedeutet... es ist viel mehr. Jeden morgen zu sehen, wie es hell wird und die Vögel beginnen zu zwitschern, die Sonne tagsüber scheint und der Duft, den der Sommer mit sich bringt. All diese Dinge erhalten die volle Aufmerksamkeit, weil sie in diesem Moment nicht mehr selbstverständlich sind.